Handrij Zejler

Pfarrer, Publizist, Patriot -
Begründer der modernen sorbischen Dichtkunst

Handrij Zejler wurde am 1. Februar 1804 in Salzenforst, Kreis Bautzen, als Sohn eines armen sorbischen Häuslers und Brunnenbauers geboren. 37 Jahre, von 1835 bis zu seinem Tod 1872, wirkte er in Lohsa als Pfarrer. Hier gründete er eine Familie, hier fand er Menschen, die Lehrerfamilie Smoler, aber auch Bauern, Handwerker und Kaufleute, die seine Gedanken und Ideen aufnahmen, die ihm Achtung und Vertrauen entgegenbrachten.

Hier in Lohsa, dem Ort, der ihm seine zweite Heimat wurde, verstarb er am 15. Oktober 1872.
Seine Grabstätte findet man auf dem Friedhof in Lohsa gleich hinter der Kirche. Zu Ehren des
geachteten Pfarrers, des sorbischen Dichters, des Publizisten und Patrioten wurde im August
1931 am Marktplatz in Lohsa auf Initiative Lohsaer Bürger unter Leitung der Domowina ein
Denkmal errichtet.
Als Handrij Zejler 1825 nach Leipzig kam, um ein Studium der Theologie aufzunehmen, war er durch seine Lehrer am Bautzener Gymnasium im Geiste des Humanismus geprägt. Er
begeisterte sich an den Ideen der slawischen Romantik. Während dieser Zeit schrieb er
zahlreiche Gedichte, die wie „Lubka lilija“ (Liebste Lilie) später als Lieder bekannt wurden. Einige wurden bald zu echten Volksliedern, die in unterschiedlichen Volksliedsammlungen aufgenommen wurden.

Unter dem Einfluss der bürgerlichen revolutionären Bewegung in Deutschland, von der sich Handrij Zejler soziale und nationale Freiheiten auch für sein Volk erhoffte, entstanden unter anderem solche patriotischen Gedichte wie „Den Gegner des Fortschritts“ oder „Sonne-Freiheit“, aber auch über 200 Fabeln mit ethisch-moralischem und auch gesellschaftskritischem Inhalt. Eine Auswahl dieser Fabeln erschien 1855 in einer von der Maćica Serbska (sorbische Gesellschaft für Volksbildung und Wissenschaft) verlegten Sammlung.
Handrij Zejler dichtete gelegentlich auch in deutscher Sprache. Zu seinen sorbischen Gedichten, Liedern und Fabeln finden deutsche Leser Zugang durch Nachdichtungen, vor allem von Kito Lorenc, Jurij Brězan und Elke Nagel, aber auch von Zejler selbst. Nach Zejlers Tod gab Professor Arnošt Muka, angeregt von sorbischen Studenten, zwischen 1883 und 1891 eine Auswahl von Zejlers Werken in vier Bänden heraus. Mit einer sieben Bände umfassenden Gesamtausgabe, erschienen zwischen 1972 und 1996, wurde sein Werk durch Professorin Lucija Hajnec erstmals vollständig zugänglich gemacht.

In seinem Bemühen, einen Beitrag für das Aufblühen seines kleinen sorbischen Volkes zu leisten, beschränkte sich Handrij Zejler nicht auf Dichtung. Während seiner Studienzeit in Leipzig (1825 - 1829) wurde er zum führenden Vertreter der sorbischen Studentenvereinigung „Sorabija“ und Herausgeber ihrer handschriftlich erscheinenden Zeitschrift „Serbska Nowina“. In ihr veröffentlichte er Ergebnisse seiner folkloristischen Sammeltätigkeit, sprachwissenschaftliche Forschungsergebnisse und auch eigene Gedichte. Höhepunkt seiner publizistischen Arbeit war jedoch die Herausgabe der ab 1842 wöchentlich erscheinenden „Tydżenska Nowina“, deren Redakteur er bis 1848 auch selbst war.

Im Jahre 1846 fanden sich sorbische Patrioten und Wissenschaftler zusammen, um eine eigene sorbische wissenschaftliche Gesellschaft vorzubereiten. Handrij Zejler wurde der Vorsitzende dieses Komitees. Nach der Gründung der „Maćica Serbska“ 1847 gehörte er ihrem Vorstand an. Sie verstand sich als eine Gesellschaft für die Bildung des sorbischen Volkes und als Förderer aller sorbischen kulturellen und wissenschaftlichen Bemühungen und Initiativen. Zugleich wurde sie die wichtigste sorbische Verlagsinstitution dieser Zeit.
Zejler war lange Zeit, wenn auch oftmals unerkannt und unbemerkt, der „Faktor movens“ bei allen sorbischen Bewegungen und Bestrebungen. Das Unerkanntbleiben war in den politischen Fragen oftmals notwendig, da Zejler ein Mann der Kirche war. Öffentliche politische Tätigkeit war ihm zuwider. Auch in Lohsa selbst wurde durch Zejlers Anstoß am 26. November 1848 ein Verein gegründet, dem 44 Bauern des Kirchspiels angehörten. Die Resonanz des Lohsaer Vereins ging über die Grenzen des Kirchspiels hinaus. Die Bauernvereine insgesamt wandten sich mit Petitionen an die Landesregierung, die sowohl nationale als auch soziale Forderungen enthielten. Mit seinem vielseitigen Wirken hat sich Handrij Zejler unauslöschbar in die Geschichte unserer Heimat geschrieben, denn das geistige, kulturelle und wirtschaftliche Leben, soweit es die sorbische kleinbäuerliche Landwirtschaft betrifft, wurde in unserer Region in hohem Maße durch seinen Einfluss geprägt.