Jurij Malink

Pfarrer und Antifaschist aus christlicher Verantwortung

Auf dem Lohsaer Friedhof findet man in unmittelbarer Nähe des Zejler-Grabes hinter der Kirche die Ruhestätte der Familie Mahling.

Georg Mahling (Jurij Malink) war in Lohsa Pfarrer von 1920 bis 1938. Während dieser Zeit hat er vor allem die sorbische Kultur und Geschichte Lohsas wesentlich mitgeprägt. Besonders seine antifaschistische Haltung machte ihn zu einem der bedeutenden Bürger Lohsas.

Am 6. Juni 1893 wurde Georg Mahling als Sohn eines Pfarrers in Spreewitz geboren. Auch seine Großväter waren Pfarrer beziehungsweise Lehrer. Der Urgroßvater mütterlicherseits, ebenfalls Pfarrer, gehörte zu den besten Freunden H. Zejlers.

1894 übernahm der Vater eine Pfarrstelle in Klitten. Dort besuchte Georg Mahling vier Jahre die Volksschule. Weil in preußischen Pfarrhaushalten die deutsche Sprache zum Umgang gehörte, erlernte Georg die sorbische Sprache mit den Kindern auf der Straße.

Das Abitur erwarb er auf dem Gymnasium im schlesischen Bunzlau. Von 1912 bis 1920 studierte er an den Universitäten Breslau, Berlin und Greifswald evangelische Theologie. Wegen der Einberufung zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg musste er das Studium unterbrechen..
1920 übernahm er die Pfarrstelle in Lohsa. Zur Kirchengemeinde gehörten 14 Ortschaften mit etwa 2500 überwiegend sorbischen Menschen. Ganz ohne Schwierigkeiten gestaltete sich die Anfangsphase seiner Tätigkeit in Lohsa nicht, da er die sorbische Sprache nicht perfekt beherrschte. Auch den vielfältigen Problemen seines sorbischen Volkes war er während des Studiums und der Soldatenzeit etwas entrückt. Doch der junge Pfarrer lernte schnell und suchte den Kontakt zu diesem Personenkreis.

Mit seinem Engagement für die sorbische nationale Bewegung und für einträchtige Beziehungen zwischen Sorben und Deutschen stand Mahling ganz in der Tradition seines verehrten Vorgängers Handrij Zejler. Damit hatte er sich Achtung und Anerkennung in seiner Gemeinde erworben. Die Mehrheit seiner Gemeinde hielt auch zu ihm im Kirchenkampf; die Lohsaer Kirchgemeinde zählte zu den „Bekennenden Gemeinden“, die sich der Gleichschaltung der evangelischen Kirche in Deutschland mit den Nationalsozialisten („Deutsche Christen“) widersetzten.
Als Pfarrer Mahling im August 1934 ein Merkblatt zu Ermahnung, Aufklärung und Trost für die Mitglieder der Bekennenden Kirche verfasst hatte, traf ihn ein erstes hartes staatliches Urteil: er erhielt durch die Gestapo ein Aufenthaltsverbot für den Regierungsbezirk Liegnitz, ein Redeverbot und die Androhung von Schutzhaft bei Verstoß gegen das Verbot.
Viele hundert Bittbriefe aus allen Schichten der Bevölkerung wurden an die Staats- und Kirchenbehörden gerichtet, um eine Rückkehr zu ermöglichen. Die Proteste hatten schließlich Erfolg. Im April 1936 wurde das Aufenthaltsverbot aufgehoben. Doch die Gestapo erteilte der Gemeinde die Auflage, dem Heimkehrenden keinerlei Ovationen darzubringen. Sie tat es dennoch, auf ihre Weise: zahlreiche Gemeindemitglieder trafen sich zur Zeit des Eintreffens ganz zufällig am Bahnhof, und in einem Schweigemarsch begleiteten sie ihren Pfarrer bis zum Pfarrhaus.
Stärker noch als vorher beobachteten die Nazis und ihre Anhänger den Zurückgekehrten. Jede noch so kleine Gelegenheit nutzten sie, um den Pfarrer vor allem bei der Gestapo anzuzeigen. Als Pfarrer Mahling den Kirchenaustritt eines SS-Mannes von der Kanzel verkündet hatte, war dies der Vorwand, ihn am 13. Februar 1938 zu verhaften. Zunächst wurde er ins Hoyerswerdaer Gefängnis eingeliefert. Am 17. März 1938 wurde der Haftbefehl zwar aufgehoben, aber dafür eine Ausweisung aus ganz Schlesien ausgesprochen. Danach hielt er sich in Berlin und im Land Brandenburg auf, wo er weiter den Beobachtungen und Verfolgungen der Nazis ausgesetzt blieb, erneut verhaftet und vor ein Sondergericht gestellt wurde.

1939 wurde auch seine Familie aus Lohsa ausgewiesen. Frau Mahling zog zu ihrem Mann nach Guben, wo dieser inzwischen teilweise illegal seinen Dienst versah. Doch die kleine Wohnung und die gefährliche Situation ließen es nicht zu, dass die Familie zusammenbleiben konnte. Nur der jüngste Sohn durfte bei den Eltern bleiben. Die anderen drei Kinder fanden Obhut bei Verwandten und treuen Bekannten.

1940 erhielt G. Mahling durch Herrn von Marwitz als Kirchenpatron eine Pfarrstelle in Groß Rietz im Kreise Beeskow. Als er 1942 an einer zu spät erkannten Blinddarmentzündung erkrankte, konnte er wegen seiner schweren Kreislaufstörungen nicht mehr operiert werden. Er verstarb am 23. September 1942 in Groß Rietz. Eine Gruppe seiner ehemaligen Lohsaer Gemeinde war zur Beerdigung anwesend.

Seit 1955 ruht Pfarrer Georg Mahling auf dem Lohsaer Friedhof, gleich hinter seiner ehemaligen Kirche und neben seinem großen Vorgänger Handrij Zejler.